Brüssel, 6. November 2025 – Die Europäische Kommission hat die Einleitung einer offiziellen Untersuchung im Bereich Wettbewerbsrecht gegen die Gruppen Deutsche Börse (Deutschland) und Nasdaq (USA) angekündigt, um zu bewerten, ob sie Vereinbarungen getroffen oder wettbewerbswidrige Koordinationen bezüglich des Handels und der Abwicklung von in Europa notierten Derivaten praktiziert haben.
Nach der Mitteilung zielt die Untersuchung darauf ab festzustellen, ob die beiden Unternehmen „Marktsegmente aufgeteilt oder koordiniert haben“, was gegen Artikel 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verstoßen könnte. Eine solche Vereinbarung könnte den Wettbewerb in den Handels- und Clearing-Systemen der EU beeinträchtigen und den Zielen der Kapitalmarktunion (CMU) widersprechen, die eine integriertere und wettbewerbsfähigere europäische Finanzmarkt schaffen möchte.
Die Deutsche Börse mit Sitz in Frankfurt verwaltet die Plattformen Xetra und Eurex und ist der Hauptbetreiber von Kapital- und Derivatemärkten im Euro-Raum. Nasdaq mit Sitz in New York und Stockholm betreibt Börsen in den USA und in mehreren europäischen Staaten, einschließlich Skandinavien und den baltischen Ländern.
Die Kommission wird prüfen, ob der Austausch von Handelsinformationen oder die Preisabsprachen für Clearing- und Listungsdienste den Zugang anderer Marktteilnehmer eingeschränkt haben. Wenn ein Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln bestätigt wird, riskieren die Unternehmen Geldstrafen von bis zu 10 % ihres weltweiten Umsatzes.
Mögliche Richtungen der Untersuchung
Im Wettbewerbsrecht bedeutet „Marktaufteilung“, dass Wettbewerber stillschweigend oder ausdrücklich vereinbaren, in bestimmten Bereichen nicht zu konkurrieren, beispielsweise durch Festlegung von Produktklassen oder Regionen, in denen jeder seine Dominanz aufrechterhält. Im Falle der Finanzmärkte könnte dies bedeuten, dass ein Betreiber es vermeidet, ähnliche Derivate wie der andere einzuführen oder nicht um die Gewinnung großer Kunden konkurriert, wodurch der Druck auf Gebühren und Innovation verringert wird.
Eine andere Form der Koordination könnte sich auf die mögliche Angleichung von Handels- und Clearinggebühren beziehen oder auf die Einschränkung des gegenseitigen Zugangs zu den Marktinfrastrukturen. In einem solchen Szenario könnten die Clearing-Dienste, die von den Plattformen der Betreiber angeboten werden, teilweise exklusiv werden, was es anderen Betreibern erschwert, wettbewerbsfähige Alternativen anzubieten. Ein Mangel an Interoperabilität zwischen den Clearing-Systemen führt zu höheren Kosten für Banken und Investoren, die separate Sicherheiten für jede Plattform aufrechterhalten müssen und die Vorteile des Cross-Margining verlieren.
Solche Praktiken würden den Zielen der Kapitalmarktunion (CMU) widersprechen, die die Integration der europäischen Märkte und die Senkung der Finanzierungskosten anstreben. Ein effektiver Wettbewerb zwischen den Handelsinfrastrukturen sollte zu niedrigeren Gebühren, höherer Liquidität und Innovation in Finanzprodukten führen.
Wenn die Untersuchung die Existenz einer Koordination zwischen der Deutschen Börse und Nasdaq bestätigt, könnte die Auswirkung über den engen Rahmen der Derivatemärkte hinausgehen und das Prinzip des fairen und transparenten Zugangs zu den europäischen Finanzinfrastrukturen infrage stellen.